Wieso hab ich das Gefühl, dass mein Abenteuer sich schon langsam dem Ende zuneigt? Es fängt doch gerade erst richtig an! Und trotzdem wird die zweite Hälfte wohl noch schneller vorbei gehen als die erste. Andererseits habe ich das Gefühl, dass ich schon ewig hier bin.

Mit dem Absolvieren der Prüfungen und dem Auszug bei meiner Gastfamilie hat mein Status von „Student in Bo-Kaap“ zu „Tourist in Hotel“ gewechselt – vordergründig ein Rückschritt. Aber wie gross ist der Unterschied zu meiner ersten Woche in Cape Town, die ich ebenfalls in einem Hotel verbracht habe! Vieles habe ich in der Zwischenzeit gelernt.

Zum Beispiel wie unbedeutend man als Schweizer ist. Jaja, wir sind die mit dem Geld und der guten Schoggi, aber selbst unseren Vorzeige-Weltstar Roger Federer kennt hier längst nicht jeder, obwohl seine Mutter ja sogar aus Südafrika stammt. Die breite Bevölkerung kann allenfalls mit dem Namen Sepp Blatter etwas anfangen. Man schaut Soccer, Rugby und Cricket, nicht Tennis. Was ich übrigens nicht gelernt habe, sind die Cricket-Regeln. Ich bin offenbar schlicht zu dumm, um dieses Spiel zu kapieren.

Etwas, das ich im Vorfeld nie überlegt habe, ist zwar banal, aber als ehemalige „Swiss Wedding“-Mitarbeiterin nimmt man es zur Kenntnis: der Hochzeitsmonat hier ist nicht der Mai, sondern der Februar. Uns schüttelts bei dem Gedanken, aber hier ist es der Hochsommermonat und zusammen mit dem Valentinstag macht das durchaus Sinn. Polygamie ist zwar gesetzmässig nicht anerkannt, wird aber offiziell vor allem vom Zulu Volk praktiziert. Staatspräsident Jacob Zuma hat vier Frauen und 20 Kinder.

Ich war länger an der Schule als viele der Studenten. Die Lehrer lachten mich schon aus, nicht weil ich überall schon war, sondern überall zweimal. Ich habe viele Museen besucht, war im Theater, im Kino, an Konzerten. Ich kenne die Waterfront, die Long Street und den Botanischen Garten wie meine Westentasche. Ich weiss, wo man die besten (und die grusigsten) Brownies essen und die süssesten Pina Coladas trinken kann. Ich war an den Stränden und sogar zwei Minuten im eiskalten Atlantik. Bleibt nur noch ein einziges grosses Abenteuer zu bestehen bevor ich Kapstadt verlasse: nächste Woche gehe ich zum Coiffeur!