„Jaa, jaa, die richtigen Freunde am richtigen Ort!“, sagen alle und grinsen, wenn ich Ihnen von meinen Plänen erzähle. Der letzte Trip in Südafrika wird mich in eine Luxus-Lodge in der Kalahari Wüste führen, eine Oase mitten im Nichts, 400 US-Dollar die Nacht – für mich eine Woche lang gratis. Hannes, ein Guide, den ich im Wildlife College kennen gelernt habe und der inzwischen in der Kalahari arbeitet, hat mich eingeladen (nein, nein, nicht wie ihr denkt, er ist erst 23 und hat eine Freundin). Ich musste natürlich nicht zweimal überlegen, denn wenn ich etwas ebenso sehr liebe wie den Busch, dann ist das die Wüste.

Ansonsten geniesse ich noch einmal Kapstadt, besuche meine Lieblingsorte, mache letzte Einkäufe. Es gilt, langsam abzuschliessen und Rückschau zu halten. Ich hatte zwei grosse Bedenken bevor ich nach Südafrika kam. Das eine war das Alleinsein. Würde ich klarkommen, ein ganzes Jahr lang nur auf mich gestellt in einem Land mit einer fremden Kultur? Rückblickend frage ich mich, wann ich denn überhaupt allein war. Alles in allem hatte ich etwa 30 Allein-Tage und auch diese habe ich mehr als genossen.

Das andere grosse Fragezeichen betraf die Kriminalität. Bewusst habe ich bis jetzt dieses Thema immer nur am Rande erwähnt, damit sich zu Hause niemand grosse Sorgen macht. Denn zumindest in den Städten IST es ein Thema. Ein hiesiger Politiker hat es so formuliert: “Die Kriminalitätsstatistik Südafrikas ist schockierend, es gibt Kriegsgebiete in der Welt, in denen weniger Menschen sterben.“

Natürlich ereignen sich viele der Verbrechen in den Townships, jedoch nicht nur. Gerade das Quartier, in dem meine Gastfamilie ihr Haus hat, war bis vor zehn, zwanzig Jahren berühmt-berüchtigt für Gangs. Wenn ich Einheimischen erzähle, dass ich in Bo-Kaap daheim bin, schaudern sie leicht. Ich erkläre dann immer mit einem Augenzwinkern, dass es super sei, da zu wohnen, es sei im Gegensatz zu andern Orten nur in der Nacht gefährlich.

Trotzdem: den Vorsichts-Knigge kenne ich auswendig. Ich weiss, wo ich hin darf und welche Strassen es zu meiden gilt. Ich weiss, wann ich besser ein Taxi benutze, welche Taxis, und wie ich mich dem Taxifahrer gegenüber verhalten muss. Ich habe einen feinen Sensor für ungemütliche Situationen und wenn meine innere Alarmglocke zu schrillen beginnt, mache ich rechtsumkehrt. Glück gehört wohl auch dazu. Mehrere von meinen Mitstudenten wurden ausgeraubt, tagsüber, abends, nachts; bei einigen wurde eingebrochen. Aber auch die Polizei greift zu rabiaten Mitteln. Ein Klassenkamerad aus Kolumbien wurde in seiner ersten Woche hier bis auf die Unterhosen gefilzt, weil sie ihm nicht glauben wollten, dass er keine Drogen dabei hat (hatte er zum Glück an diesem Tag auch nicht…).

Mir wurde bis jetzt – Holz alänge! – zum Glück noch kein Haar gekrümmt und ich erlebe das meiste sehr positiv. Obwohl einem die hohe Verbrecher-Quote natürlich zu denken gibt, versuche ich, die angenehme Seite des Ganzen zu geniessen: Es spielt keine Rolle, ob man irgendwelche Verkehrsregeln missachtet und über die Strasse rennt, wo es einem grad passt – die Polizei hier hat Wichtigeres zu tun…